10. Klasse "Wir fahren nach Berlin!"

Ein fiktiver Zeitungsartikel fasst alle wichtigen Ereignisse auf amüsante Weise zusammen. Lesen Sie selbst:

Lehrerin in Berliner Theater stranguliert

BERLIN. Die diesjährige Abschlussfahrt der zehnten Klassen einer Riedenburger Realschule gipfelte in einer versuchten Strangulation der Lehrerin Angelika L. Inzwischen wird der aufsehenerregende Zwischenfall, der sich in einem Theater in Berlin Mitte ereignete, kontrovers diskutiert. Dabei kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass eine Exkursion in die Hauptstadt ein gefährliches Unterfangen ist und nicht – wie häufig vermutet – einfach nur Cappuccino-Trinken an der Spree.

Zu Beginn der Fahrt deutete noch nichts auf die spätere Katastrophe hin. Nach einer völlig unspektakulären Anreise kam es jedoch bereits beim ersten Abendessen zu unvorhergesehenen Komplikationen. Unter Missachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns wurden sämtliche mitgereiste Lehrkräfte kurzerhand als ungelernte Servicekräfte in einer Pizzeria in der Nähe des Ku‘damms eingesetzt. Und das ohne Vorwarnung.
Tags darauf folgten weitere problematische Situationen im Rahmen einer Stadtrundfahrt. An der East Side Gallery schossen Papparazzi Fotos von den Lehrern, die anschließend in einem Magazin auftauchten. Nur dem unermüdlichen Einsatz von Angelika L. ist es zu verdanken, dass den Schülerinnen ein ähnliches Schicksal erspart blieb, denn sie lief mit grazilen Sprüngen durch das Bild und verhinderte so brauchbare fotografische Aufnahmen ihrer Schützlinge.
Leider blieb es nicht dabei, weil im Spionagemuseum schon eine Reihe neuer Gefahren lauerten. Hier galt es, einen Lügendetektor-Test zu bestehen und einen Laser-Parcours zu absolvieren (ohne dabei eine Bombe zur Explosion zu bringen!) Am Abend mussten sich die krisengebeutelten Lehrkräfte noch einer weiteren Herausforderung stellen, dem sogenannten U-Bahn-Race. Jede Klasse trat bei Dunkelheit alleine mit ihrem Klassenleiter bzw. ihrer Klassenleiterin den Rückweg zur Unterkunft an. Einzig erlaubtes Hilfsmittel war der öffentliche Nahverkehr. Während Uli H. mit seiner 10a das Rennen souverän gewann, kostete Sandra B. das Herumirren im Untergrund wertvolle Zeit und sie landete mit ihrer 10b auf dem letzten Platz.
Zur Strafe musste die Lehrerin den nächsten Tag im Hotel verbringen, während die restliche Gruppe den Bundestag besuchte. Dort ereignete sich eine Affaire, die sich bis in höchste Regierungskreise zog: Ein Treffen mit dem Bundestagsabgeordneten Florian Oßner!
Am letzten Tag mussten die inzwischen völlig mitgenommenen Lehrkräfte zunächst die Streik- bzw. Fluchtpläne des Busfahrers vereiteln, bevor das DDR Museum planmäßig besucht werden konnte. Von den zahlreichen Schikanen, welche sie dort erwarteten, seien nur folgende genannt: Das Hineinzwängen in einen Trabbi und die Haft in einer engen Gefängniszelle. Letzte Hürde des Tages war ein längerer Marsch durch den Großstadtdschungel zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.
Den absoluten Höhepunkt der Reise bildete jedoch – wie eingangs erwähnt – die versuchte Strangulation von Angelika L. anlässlich eines Besuchs der Show Blue Man Group. Die Anzeichen für diesen Angriff waren zahlreich, wurden aber von den Lehrkräften leichtsinnerweise ignoriert. Dabei hätten sie bereits hellhörig werden müssen, als drei blaugesichtige Tunichtgute die Bühne betraten, mit Farbe herumspritzten und auf Abflussrohren herumtrommelten. Auch die Tatsache, dass die Schülerin Hannah D. mit einem Wasserstrahl attackiert wurde, führte zu keinem Umdenken. So kam es, wie es kommen musste: Einem der blaugesichtigen Akteure gelang es, ungehindert über die Stuhllehnen hinweg ins Publikum zu steigen, die völlig hilflose Angelika L. zu überrumpeln und ihr eine Manschette um den Hals zu legen, die sie später nur mit Müh und Not entfernen konnte. Der Schock bei der betreffenden Lehrerin sitzt immer noch tief.
Am Ende der Woche kehrten vier traumatisierte Lehrkräfte nach Riedenburg zurück. Sie benötigen nun strengste Bettruhe, wofür aber ihre Schülerinnen nichts können, denn diese verhielten sich absolut vorbildlich.

Danke liebe Mädels!
Wir mussten ein bisschen übertreiben, sonst denkt am Ende jeder, eine Klassenfahrt nach Berlin sei nichts weiter als Cappuccino-Trinken an der Spree.

Sandra Bergmann